Die letzten dunklen Wolken der vergangenen kühlen Nacht ziehen vorbei am Horizont. Ein schwacher noch zarter Lichtstreif lässt den kommenden Tag erahnen.
Noch bin ich tief am schlafen. Doch langsam, ganz langsam dringen Geräusche in mein Ohr. Gezwitscher, tirilieren, pfeifen. Erst ein wenig, dann mehr und mehr, und immer lauter. Ja, die Vögel vom nahen Stadtpark, sie beginnen den Morgen. Ein schläfrig zartes lächeln fährt durch meinen noch trägen Geist. Ganz langsam blinzelnd schaffen auch meine Augen sich nun zu öffnen. Da bemerke ich, “ oh, es wird schon langsam hell “. Noch ein müdes gähnen, ein strecken und recken und mit einem noch recht kraftlosen Schwung nun ab ins Bad. Danach ein schneller Kaffee und ein Joghurt, folgend darauf die Jacke schnell übergeworfen. “ So dass muss reichen “, denn es zieht mich nach draussen , nach draussen zum Park. Im schnellen, aber noch recht steifen Schritt, ging ich die Treppe hinunter. Ein kurzer Weg, eine Biegung und gleich bin ich da. Dort gleich am Eingang begrüsst mich das Rotkehlchen mit seinem scheinbar zurückhaltenden eher schüchternem Rotkehlchen, dabei doch so lieblichen Gesang. Kurz bleibe ich stehen und höre zu ,dabei begrüsse ich es in Gedanken. Als ich dann weiter ging, hinein in den doch so schön Natur belassenem Park, mit Bäumen und Büschen die nicht dem Dauerbeschnitt unterworfen sind , begleitete mich ein kurzes Stück des Weges der Buchfink und sang dabei lauthals und unverwechselbar sein typisches Morgenlied. Nun kam ein lächeln, diesmal sichtbar auf meinen Lippen und ich nickte ihm zu und sagte leis´ „ guten Morgen “. Ein kühler Windzug blies mir kurz ins Gesicht und ließ mich leicht frösteln. Vor mir im Gebüsch hörte ich ein leises knacken der Äste. In neugieriger Erwartung schaute ich gebannt dort hin, dann erstarrte ich und blieb stehen. Da, der Fuchs, mit seinem rostroten dichtem Fell, er kam direkt auf mich zu. Als er sich kurz umdrehte um am Wegesrand zu schnüffeln viel ich sofort in die Hocke. Dabei drehte ich mich etwas zur Seite. Der Blick nur nicht auf ihn gerichtet, sondern den Kopf zur Seite geneigt, so weit das ich ihn gerade noch aus dem Augenwinkel beobachten konnte, blieb ich unten. Ich bemerkte, er war doch recht mager, vielleicht war es eine Fähe die schon Junge hat. Sie lief weiter auf mich zu, kam ganz nahe, kaum noch drei Meter, ich glaube ich hörte auf zu atmen. Dann blieb sie kurz stehen, schnüffelte in meine Richtung und ging im langsamen Trab, auf dem Wege bleibend, an mir vorbei.Fuchs Ich atmete tief ein. Toll dachte ich so bei mir, einfach ganz wunderbar, so eine scheinbar vertraute und von beider Seiten tolerante Begegnung mit diesem Wildtier. Eine Weile schaute ich ihr noch nach, bis sie dann weiter hinten im Gebüsch wieder verschwand. Beglückt ging ich weiter, weiter hinauf auf den Berg. Schon an der nächsten Wegkreuzung hörte ich den Buntspecht hämmern und sah ihn dann auch.

An einer alten knochigen Kiefer saß er und hämmerte unermüdlich an einen der Äste. Dabei dachte ich bewundernd bei mir „ und das alles ohne Kopfschmerzen zu bekommen “! Im weitergehen sah ich auch den Grünfink, die Amsel, die Sperlinge und dann die Stieglitze mit ihrem so klingelnden Gesang im nahen vorüberfliegen. Hoch oben auf der Spitze einer mittelgrossen Kiefer sang scheinbar unbekümmert die Singdrossel ihre kurzen aber vielfältigen Strophen, die kaum ein Ende nahmen . Aber da....., ich erschrak nicht wenig, ganz plötzlich schrie mich etwas lauthals von der Seite an. Es kam von weiter unten, aus dem umgestürzten alten Baumstamm, dessen Wurzelteller sich jetzt senkrecht ca. drei Meter vom Wegesrand erhob. Da hüpfte er umher, einer der kleinsten hier, ein kleiner König, der Zaunkönig. Er sang nicht, er schrie schon sein Lied, das wohl jeder kennt, aus vollem Halse und hüpfte dabei ganz stolz umher mit hoch erhobenen Kopf und Schwanz – na ja, doch eher Schwänzchen. Eine Weile blieb ich bei ihm stehen, aus Bewunderung zu solcher Kraft und Inbrunst beim singen. Ein Pavarotti der Tierwelt und das aus einem so kleinen Kerlchen, wobei ich dabei kaum noch etwas anderes hören konnte. Ich wünschte ihm viel Glück zum heutigen Tage und ging weiter. Jetzt führt der Weg doch recht steil hinauf und ich merkte noch heftig die Müdigkeit in meinen Gliedern. Die Sonne schickte nun ihre zarten Strahlen durchs noch recht spärlich frische, frühlingshafte Blätterreich. Und der Morgendunst fing sie ein und hüllte den Park in eine märchenhafte Stimmung. Es war dieses Licht, dieses wunderschöne warme Licht, das jeder Fotograf so liebte. Noch berauscht von dieser Stimmung, bemerkte ich plötzlich wie etwas vor mir über den Weg huschte. Etwas kleines – etwas kleines pelziges,.... etwas kleines rotes pelziges. Quietschvergnügt sprang es dann gleich den nächsten Baum empor wo schon ein anderes Eichhörnchen auf ihn zu warten Eichhörnchenschien. Und nun gab es für die Beiden kein halten mehr, sie rannten wie sie nur konnten mit lustvollen Tönen den Baumstamm immer wieder umkreisend, mal hoch, mal runter. Das taten sie einige Minuten lang bis ein schnell herankommender Jogger sie erschreckte und sie gleich darauf im nahen Dickicht verschwanden. Mit einem lächelndem Gesicht ging ich weiter, weiter den Berg hinauf, in höchster Erwartung auf eine ganz bestimmte Sichtung. Einer Sichtung meiner ganz persönlichen Königin, meiner ganz persönlichen Königin des Parks. Oben dann angekommen und ziemlich außer Atem, suchten meine Augen gleich gierig die nahe stehenden Baumkronen ab, jedoch leider ohne Erfolg. Aber ich hatte sie doch schon gehört, von weiter unten her, kurz bevor der Jogger kam, bei den spielenden Eichhörnchen. Mit hoch erhobenen Kopf und den Blick nicht aus den Baumkronen weichen lassend, ging ich ein paar Schritte weiter. Dann blieb ich stehen und da sah ich plötzlich wie ein paar Äste hoch oben in der großen alten Pappel sich bewegten und hörte das heftige knacken dabei. Ja, dort oben ist etwas, etwas schweres,.... etwas grösseres... ist es vielleicht meine Königin? Mit dem Kopf nun weit im Nacken liegend und den Blick ganz steil nach oben gerichtet, registrierte ich nur aus dem Augenwinkel das komische grinsen des hinter mir vorbei laufenden klappernden Walkers. Meine ganzen Sinne in Richtung der Baumkrone fixiert, sah ich es dann auch, jenes was ich in all den Jahren hier im Park doch hin und wieder beobachten konnte. Wie Schneeflocken so leise und langsam rieselten sie, vom Winde leicht verweht nun aus der Baumkrone nieder,..... die kleinen zarten Federn. Erst fielen die hellgrauen kleineren und dann die größeren schwarzen längeren Federn. Ich ging zu der Stelle hin wo sie auf dem Waldboden ankamen, bückte mich und legte eine der größeren in meine Hand. Bedächtig sah ich diese an und ein kurzes aber heftiges Gefühl des Mitleids durchströmte mich, denn ich wusste ja was dort oben nun geschah. Vielleicht waren diese von einer unachtsamen oder kranken Krähe.

Ja, mit diesem unverwechselbaren Zeichen ahnte ich nun, da oben saß sie, meine Königin – meine Königin des Parks. Dort saß sie und.... und frühstückte. Und nun rief sie auch wieder, ihren mir doch so bekannten Ruf, so kräftig, so laut. Ein Ruf den man weit über den Park hören konnte. Denen aber so wenige hier Beachtung schenkten, weil er eben immer da ist, immer im Frühling bis in den Sommer hinein. Ein leises „hallo, da bist du ja“, entrann meinen Lippen nicht gerade sehr leise. Fröhlich, nun zu wissen wo sie saß, ging ich weiter. Denn ich wusste ja, dass was dort in der großen Pappellkrone nun geschieht, konnte dauern.

Der Weg, den ich nun weiterging machte eine starke Biegung nach links. Kurz davor kann man rechts durch eine ausgelichtete Schneise bis weit in die Stadt schauen, fast bis zur Stadtmitte. Die frischen kleinen Blätter an den Ästen und Zweigen der Sträucher und Bäume bewegten sich im nun ankommenden leichten Wind hin und her. Und dann stand er plötzlich vor mir, mit seinem so buschigen rotem Schwanz mit der weißen Spitze. Der hiesige Fuchsrüde, unglaublich kräftig, sicher nicht nur im Aussehen. Unsere Blicke trafen sich, dann ignoFuchsrierte er mich völlig und ging weiter seinen Weg. Na ja, man kannte sich eben und traf sich schon so oft. Immer an den gleichen Stellen, immer fast zur gleichen Zeit und immer leider nur kurz. Oben auf dem Berg nun angekommen setzte ich mich auf die von Jugendlichen schon ziemlich demolierte Bank. Die Sonne konnte man nun schon durch die Baumkronen sehen und man merkte auch schon die langsam ansteigende Wärme, die sie mitbrachte. Mein Gesicht genussvoll der Sonne entgegen gereckt hörte ich es schon von weitem. Und nach einem kurzen Augenblick konnte ich sie nun auch sehen. Ganz weit oben , noch vor den kleinen Wolken, flogen sie in Keilform über mir hinweg in Richtung Norden, ....die Kraniche. So ca. 30 an der Zahl. Sie haben noch einen so weiten Weg vor sich und ihr lauter aber doch so herrlicher Ruf geht so oft unter im Lärm der Großstadt, ..Kraniche..wie schade eigentlich. Lange schaute ich ihnen noch nach, so lange wie es mir die hohen Baumkronen hier erlaubten, bis sie dahinter mit immer leiser werdenden Ruf verschwanden. Nun griff ich in meinen Rucksack und holte die Thermoskanne mit dem Kaffee hervor. Gleich goss ich mir einen Becher voll ein. Er war aber noch zu heiß zum trinken, drum hielt ich ihn einen Moment noch in meinen kalten Händen um sie damit zu wärmen. Dabei schloss ich die Augen eine Weile und lauschte den Frühlingsgesang der hiesigen Vögel. Diesen Gesang, der doch oft so perfekt vorgetragen wird, der uns allen wärmer werdende Tage verspricht und den man doch zu Ende eines jeden Winters so herbeisehnt.

Aber da, ganz plötzlich, ich glaubte meinen Ohren nicht trauen zu können, ein lauter mit nur einem Ton, lang anhaltender Ruf. Meine Augen schnell und groß aufgerissen, dabei den Kaffee fast verschüttet, suchte ich hastig all die großen Baumkronen ab die dort standen woher der fremde Ruf kam. Fremd nur hier im Park, doch so oft schon gehört in Wäldern außerhalb der Stadt. Ein Ruf der einen an Abenteuer, Wildnis und Einsamkeit denken lässt. Und dann sah ich wo er flog. Nur drei Flügelschläge , dann pause, wieder drei Flügelschläge und schon saß er am nächsten großen Baumstamm und rief wieder laut diesen Ton. Groß, schwarz, mit roter Haube und großem, kräftigem, spitzen Schnabel. Ein Schwarzspecht, ....und der hier im Park der Großstadt,... unglaublich. Das kann doch nur ein Durchzügler sein dachte ich mit Überzeugung, genauso wie die Kraniche von vorhin. Und wieder dieser Ruf, einzigartig und unverwechselbar. Dann flog er ab, im typischen Spechtflug, -einige Flügelschläge – pause – Flügelschläge – pause – u.s.w.. Bis er weit hinten in den Baumkronen bei den S-Bahnschienen verschwand. Den Ruf noch in den Ohren trank ich jetzt endlich meinen nun lauwarmen Kaffee. Dann packte ich alles wieder ein, warf den Rucksack über und machte mich auf, den Berg wieder runter zu gehen bis zu der Stelle wo ich sie ja vermutete, meine ganz persönliche Königin des Parks. Gerade als ich um die Ecke bog, bei der Sichtschneise weit zur Stadtmitte hin, sah ich wieder ein Eichhörnchen. Im alten Laub vom letztem Jahr suchte es immer wieder umher hüpfend sicher nach Nahrung. Mich scheinbar gar nicht registrierend hüpfte es den ganzen Boden ab, mal rechts lang, mal links lang. Um es nicht zu stören, ging ich so weit wie nur möglich am linken Wegesrand vorbei. Dabei beobachtete ich es so lange bis mein Hals es nicht mehr zuließ und ich nun wieder geradeaus schauend wenige Schritte weiter ging. Aus dem linken Augenwinkel sah ich, noch nicht so richtig wahrnehmend, etwas größeres in den Baumkronen sitzen. Gleich blieb ich stehen und schaute genauer hin und da sah ich sie .Da saß sie nun im schönsten Morgenlicht mang den so schön frühlingshaften frischgrünen Blättern, ja - meine Königin des Parks. Dort saß sie nun in einer der Baumkronen die man hier von diesem erhöhtem Weg aus direkt einsehen kann, weil die Bäume weiter unten stehen. Ein herrlicher Anblick. Wie ein Scheinwerferspot trafen sie die Sonnenstrahlen und ließen ihr eigentlich eher mausgraues Gefieder hell Habichterstrahlen. Sie drehte sich direkt zu mir um und dann konnte ich auch ihr schön gestreiftes Brustgefieder und ihren Überaugenstreif bewundern. Eine schöne kräftige, gesunde Habichtdame. Eben, eine richtige Königin, Herrscherin des hiesigen Gleichgewichts. Sie fing an sich zu putzen und zog dabei eine Feder nach der Anderen durch ihren so kraftvollen Schnabel, bis sie zum Schluss ihr ganzes Gefieder mit einem kräftigen Schwung aufschüttelte. Und dann saß sie da, anscheinend ruhig und gelassen auf dem kräftigen Ast und lies ein Bein vorne lässig herab hängen. So sah ich sie schon so oft hier im Park und konnte sie dann, wobei ich immer absolut still stand, in aller Ruhe bewundern. Manchmal trafen sich auch unsere Blicke und ich hatte jedes mal den Eindruck als würde sie mich damit durchbohren. So starr, so intensiv, so absolut direkt. Plötzlich hörte ich ein heftiges Rascheln hinter mir am Boden. Da dachte ich sogleich an das Eichhörnchen welches vorhin noch zwischen den alten Blättern nach Nahrung suchte. Ein wenig drehte ich mich um und schaute nach. Da hüpfte es direkt hinter mir noch immer unbekümmert und suchte wohl nach frischen Insekten oder seine im Herbst versteckten Nüsse. Ich lächelte ein wenig und in meinen Gedanken warnte ich:“ Vorsicht kleines, auf der anderen Seite des Weges sitzt nicht weit entfernt dein Feind.“ Dann drehte ich meinen Kopf langsam wieder meiner Königin zu. Bei dieser Bewegung huschte plötzlich ein großer Schatten ganz nahe an meinem Linken Auge vorbei. Dabei spürte ich eine Berührung, wie ein kurzes zwicken, an meinem Ohr. Ich schloss die Auge und erschrak so heftig dabei, das ich kurz den Atem anhielt. Als ich dann wieder die Augen öffnete schaute ich sofort zu dem Ast wo noch gerade eben die Habichtdame saß, er war leer. Spontan drehte ich mich um und suchte den Erdboden ab wo das Eichhörnchen nach Nahrung suchte. Aber ich entdeckte nur meine Königin, wie sie keine 8 Meter vor mir mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Boden saß. Jedoch sah ich kein Eichhörnchen mehr. Nun musste ich heftig schlucken und meine Magengegend fing an sich merkwürdig anzufühlen.

„ Nein“, dachte ich so für mich. „Ich weiß ja das es nun mal deine Nahrung ist, aber nein, bitte nicht vor meinen Augen“. Sie hüpfte etwas hin und her, ließ mich aber nicht erkennen was sie da in ihren Greifen festhält. So vergingen einige Sekunden, bis ich plötzlich ein leises quietschen aus dem Baum direkt neben mir hörte. Sofort schaute ich nach oben und sah dort unversehrt das Eichhörnchen angstvoll sitzen. Erleichtert über diese Tatsache atmete ich einmal tief ein und aus. Aber was hält denn dann meine Königin des Parks in ihren Fängen? Noch bevor ich den Gedanken zu Ende brachte flog die Habichtdame auf. Sie flog diesmal mit einem leichten Bogen von ca. 2 Metern an mir vorbei, wobei ich nun genau sehen konnte was sie da festhielt. Es war eine pechschwarze große Ratte und ihr Schwanz hing lang aus den Greifen herunter. Stark erleichtert das sie nicht vor meinen Augen das niedliche Eichhörnchen erjagte, aber doch mit einem kleinen Mitgefühl selbst der Ratte gegenüber, sah ich sie in den großen Baumkronen verschwinden. Noch nicht so recht realisierend, was ich da mit anschauen konnte stand ich nur so da. Dann berührte ich mein Ohr, da wo mich die Habichtdame wohl mit ihren Flügeln traf. Dann begriff ich, welch Szenerie ich da so unmittelbar und im wahrsten sinne hautnah dabei sein durfte. Diese Habichtdame, eben meine Königin des Parks, sah mich scheinbar nur als Objekt was des öfteren im Park auftaucht und eben gerade nur lästig da im Flugweg stand. Sie sah mich jedenfalls nicht als Feind. Ganz beglückt und immer wieder zurückdenkend an das eben geschehene, ging ich nach Hause.
 Gibt es einen Tag der schöner für einen Naturliebhaber beginnen kann?

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Text Copyright by Susanne Schlichting